Umgeben von einem lichten Wald mit Tannen, vereinzelt auch Buchen und Eichen steht ein Holzhaus, das unverkenntlich die Boutique eines Handwerkers ist.

Ein Blick ins Innere (dieser Blick ist immer frei) lässt Regale erkennen mit Schuhen drauf und einfache, von Riemen angetriebene Schleifscheiben und Nähmaschinen. Mitten in dieser Szene – ein Stiefel hängt herab von der Decke – sitzt Meister Fabian: Schuhmacher, Flickschuster, Hersteller von Gürteln. Lederhüten und Stiefeln, Verkäufer, Berater und Denker, alles in einem.

Ein Spruch ziert die Wand direkt hinter ihm:
„Die schlimmsten Feinde sind die Mutlosen, denn sie sind nicht zu fassen und doch allgegenwärtig.“ Auch über dem Ladentisch des Raumes, der alles in einem ist, steht eine Inschrift, in Leder gekerbt. Für viele Besucher ist dieses Gegensatzpaar nicht verständlich:
„Kunst ist Flucht vor dem Leben – Leben ist Kunst.“

Draussen im Wald hört man das Rauschen der Natur auf das der Meister so oft hinhört, wenn er zeitweilig innehält in seiner Arbeit. Welch immenser Bereich von Tönen, Harmonien, Geräuschen und Rhythmen ist da zu erlauschen: Die Natur ist die Welt der Töne. Oft gerät der Schuster dabei ins Sinnen. So gedeihen seine Sprüche – ein Konzentrat von tausend Gedanken. Auch über seinem Bett im kleinen Zimmer direkt neben der Küche hinter dem Werk-Wohn-Laden steht eine dieser Verdichtungen:
Wer Verantwortung sucht, aber nicht trägt, will Macht und bringt Leiden.
Wer Verantwortung trägt aber nicht sucht, ist unscheinbar und bringt Leben.

Soft Stone, Frühling 1977