David hatte damals einen Autobianchi Primula und fuhr entlang einer Strasse mit leichter Steigung. Er unterhielt sich mit seinem Freund Duc, der neben ihm sass, beobachtete die Strasse und das Auto, das etwa fünfzig Meter vor ihm herfuhr. In dieser Distanz geschah es unversehens.

Ein Kind flog durch die Luft. Wie in Zeitlupe sah David es etwa zwei bis drei Meter, von der linken Wagenseite, in weitem Bogen durch die Luft fliegen. Mit unverhoffter Spontaneität lenkte er sein Auto aufs Trottoir und rannte, rannte so schnell er konnte, der Strasse entlang zu dem Kind hin, das auf der linken Fahrbahn am Boden lag.

Er hob es auf, hielt es in den Armen, es war kreidebleich, klein, blond, etwa fünfjährig, aber nicht leblos. In dem Moment keifte eine Frau vom Strassenrand her, „Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht über die Strasse springen“.

David war empört, konnte sich aber nicht auf das Gezeter einlassen, sondern schaute, ob das Kind gehen könne, übergab das geschockte Kind der Frau und fragte, ob sie weit hätten bis nach Hause. Nachdem er das Gefühl hatte, es sei nichts Schlimmes passiert, liess er die beiden ziehen.

Das Auto, dessen Lenker das Kind angefahren hatte, war nach dem Fussgängerstreifen stehen geblieben mit einer Bremsspur, die etwa fünf Meter vorher begann und gleichviel danach endete.

David trat zu dem Ford hin, der Fahrer immer noch hinter dem Lenker, öffnete die Tür und David hörte: „Jetzt muss ich einen Kaffee haben.“ Es roch nach Alkohol und – tatsächlich fuhr der Mann zur nächsten Beiz für seinen Kaffee. David notierte intuitiv die Nummer, hoffte, dass alles ein gutes Ende nehme, schritt zurück zu seinem Auto und fuhr mit seinem Freund weiter auf eine Jurahöhe.

Abends liess ihn sein Gewissen nicht in Ruhe, er telefonierte herum, bis er den Besitzer des Ford gefunden hatte und versuchte diesen zu erreichen. Es gelang nicht. Zuhause gab es noch eine Auseinandersetzung, wieso er soviel Zeit dafür aufwende. Anderntags liess es ihn noch immer nicht in Ruhe, endlich erreichte er den Automobilisten, einen Uhrenhändler.

David fragte ihn, ob er sich nach dem Kind erkundigt hätte und ob es wohlauf sei. Nachdem der das bestätigt hatte, war David beruhigt, zweifelte zwar noch ein wenig, ob der Richtigkeit der Antwort, aber liess es dabei bewenden.

Wie ist es möglich, fragt er sich noch heute? Die Frau, in deren Obhut das Kind steht, überträgt ihre Schuld dem Kind. Der Fahrer, der auf einen Fussgängerstreifen zufährt an dem eine Frau mit Kind steht, reagiert zu spät und braucht nach dem Schreck unbedingt und zuerst einen Kaffee.

La Côte, 9. Oktober 2009
Pierre Mollet