Begegnung, Sprache, Schrift,

Dichtung und Web-Site

Unsere Sprache ist ein Mittel, das bei der direkten Begegnung von allen Sinnen sowie von Gestik, Ausdruck und Mimik begleitet ist. Die Begegnung lässt uns den Wahrheitsgehalt des Gesagten überprüfen. Dabei merken wir intuitiv, mit welcher Überzeugung eine Person hinter ihrer Aussage steht, ob ihre Äußerung auch mit der Person übereinstimmt.

Zur Sprache meint Adorno, sinngemäß: „Alles was sich sagen lässt, lässt sich klar sagen, der Rest ist Schweigen“. Ignoriert er da die Bedeutung der andern Sinne? Oder verweist er gerade auf sie?

Und Nietzsche sagt so treffend:
„Das Verständlichste an der Sprache ist nicht das Wort selbst, sondern Ton, Stärke, Modulation, Tempo, mit denen eine Reihe von Worten gesprochen wird, kurz, die Musik hinter den Worten, die Leidenschaft hinter dieser Musik, die Person hinter dieser Leidenschaft, alles das also, was nicht geschrieben werden kann.“

Deutlicher wird der Verlust des Sinnlichen, wenn die Sprache nicht zwischen Menschen direkt verwendet wird, sondern nur durch schriftliche Übermittlung. Das beschreibt Karl Jaspers in „Vernunft und Freiheit“. Inhaltlich zusammengefasst heißt das etwa: Alle großen Religionsstifter wie Jesus Christus, Sokrates, Buddha haben nichts selbst geschrieben, sondern erst später ihre „Sekretäre“ (Apostel, Platon, Siddhartha Gautama). Jaspers beschreibt damit genau den Verlust, der durch das Fehlen der persönlichen Begegnung entsteht.

Die Schrift ist also eine Reduktion unserer Sprache, die recht beschränkt ist. Sie ist fast nur eine Übermittlung ohne Sinne, Gestik, Ausdruck und Mimik. Die Kreation der Schrift, hat so gesehen zwar den Vorteil, Gedanken weltweit bekannt zu machen, aber damit verbunden zwei Nachteile: Es ist ein Schritt zu Missverständnissen, denn was gelesen wird, mangelt einer direkten Begegnung mit allen Sinnen. Und Atmosphäre geht verloren. Daher rühren die vielfachen Bemühungen der Dichtung Atmosphäre zu kreieren und/oder vieldeutig zu sein.

Schrift ist somit eine „amputierte Sprache“ – und was ist Sprache?
Begegnen wir uns im Jenseits, werden wir lachen, lachen, staunen und uns wundern ob des Gestammels der menschlichen Sprache.

So ergibt sich die Hierarchie der Verständigung:

Im Jenseits Allwissen
Im DiesseitsBegegnung
Sprache
Schrift

In einem Zwischenbereich liegt Dichtung. Mit der Web-Site begebe ich mich in dieses Spannungsfeld: Einerseits weiss ich ob des enormen Verlustes, andrerseits liebe ich die Herausforderung, den Mangel zu verkleinern. Ich lernte in den ersten Monaten, das neue Forum zu schätzen. Einfach so, aber auch wegen den vielfältigen Reaktionen, auf die ich in Erklärungen zur Biosophie eingehe.